Ist Stolz etwas Gutes? Meine Antwort ist: Ja und Nein! Während es eine Art von Stolz gibt, die ich als absolut schädlich einschätze, gibt es eine andere Art von Stolz, die ich als wertvolle Ressource einstufe.

In diesem Blogbeitrag gehe ich zuerst kurz auf die Unterschiede ein. Nachher konzentriere ich mich auf die hilfreiche, nützliche Art von Stolz und gebe 5 konkrete Tipps, wie du diesen konkret in deinem Alltag weiterentwickeln kannst.

Wenn es ein Tier gibt, das Stolz besonders gut symbolisiert, dann ist es für viele der Pfau. Als Kind habe ich ihn oft bewundert. Auf meinem Schulweg bin ich jeweils an einer grossen Voliere vorbeigekommen. Wie oft bin ich vor dem Gitter stehen geblieben und habe die verschiedenen Vögel bewundert und ganz besonders den Pfau. Ich habe es geliebt, wenn er sein einzigartiges, grossartiges Federkleid gezeigt hat und das Rauschen und Rasseln der Federn ankündigten, dass er gerade das Rad schlägt. Was für eine Farbenpracht, einfach herrlich, was sein Schöpfergott in ihn hineingelegt hatte. Dieses Naturwunder lässt mich auch heute noch ehrfürchtig staunen.

Der Pfau repräsentiert beide Seiten von Stolz. Einerseits das gesunde Bewusstsein über sein Selbst, seine Schönheit, seine Einzigartigkeit. Andererseits kennen wir wohl alle auch den Ausspruch: «Sie stolziert herum wie ein Pfau». Damit meinen wir, dass sich jemand übertrieben stolz und eingebildet verhält.

Damit sind wir bereits bei beiden Seiten dieser Emotion «Stolz» angekommen.

Stolz hat eine negative und positive Seite

Stolz begegnet uns im Alltag leider manchmal mit einer dunklen, negativen, schädlichen Seite. Die Emotionsexperten, Ruben Langwara und Dirk W. Eilert, unterteilen in anmassenden (negativ) und authentischen (positiv) Stolz.

Anmassender Stolz ist dysfunktional und schadet uns auf der ganzen Linie und kann Narzissmus fördern. Hier dreht sich alles nur um die eigene Person. Menschen bilden sich etwas auf Sachen ein, die ihnen einfach zugefallen sind, sei es ihre Herkunft, ihre Intelligenz, ein Vermögen, ihren Körper usw. Sie sind stolz im Sinne von arrogant, überheblich, prahlerisch, hochnäsig, selbstgerecht und eingebildet. Sie geben an, sind protzig und aufgeblasen und spielen sich auf.

Diesen anmassenden, toxischen Stolz lehne ich entschieden ab und konzentriere mich in diesem Beitrag auf eine völlig andere Art, auf eine gesunde Art von Stolz.

Authentischer Stolz steht für Freude über etwas, was uns gelungen ist. Andere Umschreibungen für authentischen Stolz sind selbstbewusst, selbstsicher, souverän, würdevoll, ehrenvoll und siegreich. Wir haben mit unserem Handeln etwas geschafft und geniessen die pure Freude, den authentischen Stolz über das, was daraus entstanden oder uns gelungen ist. Wenn ich nochmals auf die Metapher des Pfaus zurückkomme, bedeutet es im übertragenen Sinn, dass wir unsere Gaben, Talente und Möglichkeiten einsetzen und uns damit zeigen. Wir kommen ins Handeln und erfüllen damit ein Stück weit unsere Lebensaufgaben, im Wissen, dass wir trotzdem nicht alles im Griff haben und immer abhängig bleiben von einem souveränen Gott.

Diese Form von Stolz können wir als wertvolle Ressource nutzen.

Stolz, anmassender und authentischer Stolz

Dirk W. Eilert unterteilt Stolz in anmassenden und authentischen Stolz

 

Stolz und seine Funktion

Wenn Stolz sprechen könnte, würde er uns sagen: „Du bist wertvoll!“ (Zitat aus: Die Kraft unserer Emotionen)

Stolz gehört zu den zwölf Primäremotionen, die für unser Verhalten, unser Fühlen und unser Denken entscheidend sind. Weiter gehören Angst, Trauer, Scham, Schuld, Freude, Liebe, Interesse, Ärger (Wut), Ekel, Verachtung und Überraschung dazu. Sie alle haben wichtige Funktionen und helfen uns, dass unser Leben besser gelingt. Dirk W. Eilert benennt eine ganze Reihe von Ressourcen, die durch authentischen Stolz aktiviert werden.

  1. Authentischer Stolz hilft dir, aktiv ein gesundes Selbstwertgefühl aufzubauen und zu stärken
  2. Reduziert Ängste in zwischenmenschlichen Begegnungen
  3. Schützt vor Depressionen
  4. Fördert deine Motivation, etwas zu leisten
  5. Unterstützt dich dabei, dass du beharrlich und leidenschaftlich an etwas dranbleibst, um ein Ziel zu verfolgen
  6. Hilft, deine Selbstkontrolle zu verbessern

 

Wann kannst du authentischen Stolz erleben?

Diese Emotion wird ausgelöst, wenn du etwas durch dein Handeln erreichst, das du als gut bewertest. Du setzt deine Stärken ein, nutzt deine Möglichkeiten, setzt etwas um, was dir wichtig ist, was mit deinen Werten übereinstimmt. Dann freust du dich anschliessend über das, was du geschafft hast; du bist authentisch stolz.

Beispiel aus der Praxis: Als Lehrsupervisorin habe ich einige Kundinnen bei den Prüfungsvorbereitungen auf die Höhere Fachprüfung im Bereich Beratung (HFP) unterstützt. Ich habe miterlebt, wie sie sich alle sorgfältig und mit Ausdauer vorbereitet, gelernt, ihre Beratungskompetenzen geschärft und sich einer Probeprüfung gestellt haben. Dann absolvierten sie die Prüfung und sie haben bestanden. Die natürliche Emotion als Reaktion auf ihren Einsatz ist authentischer Stolz, eine echte Freude darüber, dass sie es geschafft haben.

Dinge, auf die du stolz sein kannst, reichen von winzig klein bis riesig. Du entscheidest selber, worauf du authentisch stolz sein willst.

  • Frau M. hat ihre Meinung vertreten und ist mutig zu sich gestanden, obwohl sie das viel Überwindung gekostet hat
  • Frau C. hat ihre Webseite veröffentlicht und ihr tolles Angebot endlich sichtbar gemacht
  • Herr N. hat ein Telefongespräch erledigt, welches er schon lange vor sich hergeschoben hat
  • Frau R. hat sich für den Kurs angemeldet und sich Hilfe geholt, um ihr Projekt durchzuziehen
  • Frau E hat eine neue Gewohnheit entwickelt und regelmässig in ihren Alltag eingebaut
  • Frau S. hat einen Konflikt angesprochen, der ihr schon lange auf dem Magen lag

 

Eigene Prägung verstehen und einordnen

Eigene Erfahrungen prägen unsere Haltung und Einstellung zu Stolz. Je besser wir sie verstehen, umso hilfreicher können wir damit umgehen. Es ist eine selbstreflexive Emotion und entwickelt sich erst ab ca. 7 Jahren, denn dazu braucht es ein SELBST-Erleben. Ein Baby hat das noch nicht, denn es bildet das ICH-Erleben erst nach ca. 24 Monaten aus.

Beispiel aus der Praxis: Frau S. ist in einem Umfeld aufgewachsen, in dem Stolz auf der ganzen Linie verteufelt wurde. «Sei nicht so stolz! Sei bescheiden! Stell dich nicht in den Vordergrund! Nimm dich nicht so wichtig!»

Solche Sätze hörte sie ständig. Stolz war für sie nur negativ und wurde abgestraft. Schon als Kind lernte sie, dass sie nicht stolz sein dürfe. Wenn sie etwas machte und es ihr gut gelang, bagatellisierte sie es sofort.

«Ach, da hatte ich einfach Glück». Sie erlaubte sich nicht Stolz zu fühlen oder zu sehen, dass sie durch ihr Handeln etwas bewirkt hatte. Manchmal wunderte sie sich, dass sie trotz ihres Erfolges und tollen Feedbacks so wenig Selbstsicherheit hatte. Sie wusste lange nicht, dass es zwei Seiten von Stolz gibt. Erst als sie dies erkannte, begann sie zu lernen, diese Emotion zuzulassen. Sie erfuhr, wie sie durch authentischen Stolz gestärkt wurde und lernte ihn nach und nach als wertvolle Ressource zu nutzen.

 

Gesunden, authentischen Stolz weiterentwickeln

Welche konkreten Schritte kannst du unternehmen, um gesunden, authentischen Stolz in deinem Leben zu fördern?

Kleine Kinder haben oft einen sehr unbeschwerten Zugang zu authentischem Stolz. Meine kleinen Enkelkinder zeigen mir jeweils ganz natürlich und stolz, was sie gezeichnet oder gebastelt haben, wenn sie ohne Stützräder Velo fahren können, wenn sie beim Skirennen Erfolg hatten. Sie sind jeweils voller Stolz auf ihr Werk, eine Zeichnung, etwas, das sie gebastelt hatten oder ein Kunststück, das ihnen gelungen ist. Dadurch, dass sie erleben, dass ich mich mitfreue, wird ihre Freude noch verstärkt.

Je nachdem, wie du geprägt wurdest, ist es jedoch ein Stück Arbeit, sich auf einen authentischen Stolz einzulassen und diesen zu trainieren. Hier teile ich 5 Tipps, die dir dabei helfen können.

  1. Erinnere dich an authentische Stolz-Momente! Frage dich dazu: «Was hast du durch DEIN HANDELN erreicht, worauf du stolz bist?»
  2. Nimm dir Zeit, dieses Gefühl zu aktivieren. Dazu kannst du deine Mimik und Körperhaltung nutzen, oder mach eine passende Gestik! Wie wär’s mit einem deutlichen «Yeah», kombiniert mit einem Daumen hoch, oder einem «High Five»?
  3. Lokalisiere diese Emotion im Körper!  Wo nimmst du sie wahr? Im Gesicht, im Bauch, im Nacken?
  4. Erweitere deinen emotionalen Wortschatz! Nutze Worte, die dir helfen, deine Freude, bzw. deinen Stolz über das, was du durch DEIN HANDELN bewirkt hast, auszudrücken. Eine Auswahl findest du in meinem Emotionen-ABC
  5. Teile deinen authentischen Stolz mit Menschen, die sich mitfreuen können

 

Fazit

Stolz hat eine helle, aber leider auch eine dunkle Seite. Wie bei allen Emotionen ist es wichtig, sich darum auch immer wieder mal einen Moment Zeit zu nehmen und zu reflektieren. Trotz der Freude an allem, was wir durch unser Handeln erreichen können, bleiben wir Menschen mit unseren Möglichkeiten und unseren Grenzen.

Ist der Zugang zu authentischem Stolz bei dir (noch) nicht gut möglich? Dann gönne dir ein Life Coaching. Lass dich bei der Entwicklung dieser Ressource unterstützen. Wie genau? Das kannst du in einem kostenlosen Kennenlerngespräch mit mir klären. Hol dir gleichen einen Termin.

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