Impathie ist die Fähigkeit, dich in dich selbst einzufühlen und einfühlsam und wertschätzend mit dir selber umzugehen. Sie hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern hilft dir dabei, in eine gute Beziehung mit dir selber zu kommen, ein erfüllteres Leben zu führen und deine Beziehungen zu verbessern.

Das psychologische Konstrukt der Impathie hat Stefanie Neubrand, Psychologin, M.Sc., systemische Therapeutin, entwickelt. Sie forscht seit über 10 Jahren darüber.

In meinem ersten Beitrag «Was ist Impathie» erfährst du, warum Impathie für ein gelingendes Leben so entscheidend ist.

In diesem 2. Artikel zum Thema Impathie teile ich mit dir fünf praktische Ideen, mit denen du deine Impathie bewusst stärken kannst. Sie helfen dir, besser mit dir selber in Kontakt zu kommen und im Alltag oder bei der Arbeit einfühlsamer mit dir und anderen umzugehen.

Impathie entwickeln ist ein Prozess

Wie so vieles im Leben ist auch die Entwicklung von Impathie ein Prozess. Diesen können wir allerdings ganz bewusst unterstützen.

Das Prinzip ist einfach, es funktioniert nach der gleichen Gesetzmässigkeit wie beim Säen und Ernten. Willst du etwas ernten, musst du zuerst etwas aussäen.

Willst du Schnittsalat ernten? Dann müssen die Samenkörner in eine Erde gesät werden, auf der Wachstum möglich ist. Nach dem Säen gibst du zukünftig Wasser, entfernst Unkraut oder Schädlinge. Wenn du diesen Samen pflegst und dich darum kümmerst, dann erhöhst du die Wahrscheinlichkeit drastisch, dass etwas wachsen kann.

Ein anderes Bild ist der Muskelaufbau. Wenn du deine Muskeln aufbauen und stärken willst, musst du sie nutzen und trainieren.

Genauso ist es mit der Impathie. Damit sie sich weiterentwickelt und stark wird, kannst du sie bewusst nutzen, trainieren und für eine gute Pflege sorgen.

All das beginnt mit deiner klaren Absicht, deiner bewussten Entscheidung: Ja, ich will impathischer mit mir selber umgehen. Wenn du diese Entscheidung getroffen hast, helfen dir diese 5 Ideen dabei, denn Impathie ist eine Fähigkeit, die du durch bewusstes Training gezielt fördern und weiterentwickeln kannst.

«𝘐𝘮𝘱𝘢𝘵𝘩𝘪𝘦, 𝘪𝘴𝘵 𝘦𝘪𝘯𝘦 𝘌𝘪𝘯𝘭𝘢𝘥𝘶𝘯𝘨 𝘻𝘶 𝘥𝘪𝘳 𝘴𝘦𝘭𝘣𝘴𝘵. 𝘜𝘯𝘥 𝘥𝘶 𝘥𝘢𝘳𝘧𝘴𝘵 𝘥𝘪𝘦𝘴𝘦 𝘌𝘪𝘯𝘭𝘢𝘥𝘶𝘯𝘨 𝘢𝘯𝘯𝘦𝘩𝘮𝘦𝘯».
Dr. Stefanie Neubrand


Idee 1: Schaffe dir ein tägliches Ritual der Achtsamkeit

Nimm dir in deinem Alltag regelmässig einen Moment Zeit, um impathisch innezuhalten und bewusst deine Gefühle, Bedürfnisse und Herausforderungen wahrzunehmen.

Bestimmt kennst du das auch. Der Alltag ist manchmal hektisch und stressig und dabei verlieren wir oft den Kontakt zu uns selbst. Wir nehmen nicht mehr wahr, was wir fühlen und brauchen.

So geht es mir manchmal in meinem Home-Office, wenn ich am PC sitze und voll konzentriert arbeite. Manchmal realisiere ich gar nicht, dass sich meine Schultern verspannt haben und mir ein Glas Wasser oder eine kurze Pause guttun würden.

Schaffe dir darum ein tägliches Ritual der Achtsamkeit und beantworte dir selbst Fragen wie diese:

Wie geht es dir gerade?
Wie fühlst du dich in diesem Augenblick? Welche Emotionen sind besonders stark?
Was denkst du jetzt?
Was spürst du körperlich?
Welche Bedürfnisse und Wünsche tauchen auf?

Nimm diese Beobachtungen an und vermeide es, diese irgendwie zu bewerten. Bewahre einen inneren Abstand zu dem, was du wahrnimmst. Mach es so, wie wenn du einer Freundin neugierig und interessiert zuhören würdest, ohne ihr einen Ratschlag geben zu wollen.

Mit der Zeit wird es dir leichter fallen, dich dir gegenüber selbst zu öffnen und deine Gefühle und Bedürfnisse besser wahrzunehmen und anzunehmen.

Zusatzidee: Es kann helfen, wenn du dieses Ritual, diesen achtsamen Moment, bewusst einplanst. Stelle dazu einen Timer (z. B. jede Stunde oder 4 Mal am Tag). Dann unterbrichst du kurz deine Arbeit, gönnst dir diesen kurzen Moment, um ganz bewusst in Kontakt mit dir zu kommen, bevor du dann wieder weitermachst.

 

Idee 2: Setze Anker als Erinnerungshilfen

Verknüpfe bestimmte Gegenstände, Farben, Gerüche oder Geräusche bewusst mit dem Konzept der Impathie. Diese Anker dienen dir als Erinnerungshilfen, damit du daran denkst, impathisch mit dir umzugehen.

Du könntest beispielsweise ein Armband tragen, das dich an Impathie erinnert oder ein Bild auswählen, das für dich Impathie verkörpert. Je öfter du diese Verknüpfungen wiederholst, indem du das Armband spürst oder das Bild siehst, desto stärker werden diese neuronalen Verbindungen auch im Unbewussten wirken und dich im Alltag unterstützen. Frage dich darum:

Welcher Gegenstand ist für dich ein treffendes Symbol für Impathie? z. B. ein Tier, eine Metapher, ein Bild.
Gibt es eine Farbe, die für dich Impathie am besten widerspiegelt?
Welcher Geruch, welches Geräusch verbindest du mit Impathie?

 

Idee 3: Erinnere dich an schöne Momente

Rufe dir bewusst positive Erlebnisse in Erinnerung, in denen du impathisch mit dir umgegangen bist. Denke an Situationen, in denen du dir selbst zugewandt und mitfühlend warst. Diese Erinnerungen stärken deine Impathie-Kompetenz und können dich motivieren, auch in Zukunft impathisch mit dir umzugehen. Darum frage dich:

Wann ist es mir heute, gestern, letzte Woche gelungen, impathisch zu sein?
Wo warst du dann und was genau hast du gemacht, dass es dir gelungen ist?

Zusatzidee: Notiere eine Woche lang jeden Abend, wo es dir gelungen ist, impathisch zu sein. Alles ist erwähnenswert, von Mini bis Grossartig.

 

Idee 4: Achte auf deine Körperhaltung, dein Embodiment

Um einen guten Kontakt zu dir zu erhalten, musst du deinen Körper spüren. Diesen hast du immer bei dir und alles, was du fühlst und erlebst, ist in irgendeiner Form als Embodiment verkörpert. Dein Körper und deine Körperhaltung sind oft der direkteste Zugang zu dir selber.

Es ist wie eine Einladung an dich, mit dir, bzw. deinem Körper in Verbindung zu kommen. Eine aufrechte, entspannte Haltung kann helfen, einen besseren Kontakt zu dir selbst herzustellen. Spüre bewusst deinen Körper und achte auf deine Körperhaltung.

Wie sitzt oder stehst du gerade da?
Spürst du bewusst deine Füsse, deine Hände?
Bist du irgendwo verspannt oder angenehm «entspannt aufgespannt»?
Brauchst du Bewegung, um dein Adrenalin herunterzubringen?
Nimm eine impathische Körperhaltung ein. Eine Haltung, in der du dich wohlfühlst.

Zusatzidee: Mach ein Selfie von dir, auf dem du dich mit einer impathischen Körperhaltung zeigst. Nutze es als Hintergrundbild beim Handy. Schau dieses Bild zwischendurch mal an, um dich daran zu erinnern und bewusst in diese Haltung zu gehen.

 

Idee 5: Achte auf deine Sprache und Kommunikation

Sprache hat einen grossen Einfluss auf dich und auf andere. Sowohl Empathie als auch Imapthie (ich-bezogene Empathie) haben viel mit Kommunikation zu tun. Denn über die Sprache prägen wir unsere Wirklichkeit.

Beobachte einmal, wie du mit dir selber redest und wie du über dich sprichst. Verwendest du eine positive und wertschätzende Sprache, die dich unterstützt und ermutigt? Oder wertest du dich oft selber ab, obwohl du dich so sehr nach Wertschätzung und Anerkennung sehnst?

Statt vage Aussagen, wie „es stresst mich“, beschreibe lieber konkret deine Gefühle (z. B. «ich fühle mich wütend» oder «ich bin traurig»). Durch eine bewusste und einfühlsame Kommunikation mit dir selbst kannst du deine Impathie stärken und besser herausfinden, was du wirklich brauchst.

Denn Emotionen haben eine Bedeutung und eine Funktion. Wenn du z. B. traurig bist, brauchst du Trost. Wenn du ängstlich bist, fehlt dir Sicherheit. Frage dich darum:

Was denkst du jetzt?
Wie sprichst du mit dir?
Wie redest du über dich?
Welche Formulierungen und Aussagen verwendest du über deine Emotionen und Bedürfnisse? Falls dir Worte fehlen, schau gerne mal in mein Emotionen-ABC.

 

Weitere Tipps, um deine Impathie zu stärken

  1. Gibt es einen Menschen, der für dich Impathie verkörpert? Schau dir ihr/sein Bild an.
  2. Schreibe dir auf einen Zettel einen impathischen Satz und stecke ihn in die Tasche. Z. B. Heute erlaube ich mir impathisch (einfühlsam mir gegenüber) zu sein. Jedes Mal, wenn du in die Tasche greifst, wirst du automatisch daran erinnert.
  3. Schreib dir selbst eine Karte, in der du dich freundlich daran erinnerst, dass du dich entschieden hast, impathisch mit dir umzugehen
  4. Welche Freundin könntest du einladen, bei dir von Zeit zu Zeit nachzufragen, wie es dir in Bezug auf deine Impathie geht?
  5. Bereite dich vor und schreibe auf, wann und wie du morgen impathisch sein willst. Je konkreter, umso besser.
  6. «Tue als ob». Verhalte dich einfach so, wie wenn du impathisch wärst und schau, was dabei passiert. Es ist immer wieder überraschend, wie diese einfache Übung hilft.
  7. Besuche einen Online-Impathie-Workshop oder höre einen Beitrag von Dr. Stefanie Neubrand zu diesem Thema.
  8. Stelle dir selbst impathische Fragen. Damit beschäftigst du dich mit dem, was du innerlich erlebst.

🌱Wenn ich mir selbst in einem Café gegenübersitzen würde, welche Frage würde ich mir stellen?
🌱 Wofür wurde ich noch nie genug gelobt? Was wäre das beste Lob, was ich mir dafür vorstellen könnte? Wer würde es aussprechen?
🌱Wenn meine Impathie ab jetzt jeden Tag stärker würde, welcher Mensch wäre ich dann in fünf Jahren?

➡️ Welche Idee oder welcher Tipp gefällt dir und möchtest du ausprobieren?

 

Ausprobieren geht über Studieren

Alle Ideen können dir helfen, deine Impathie-Kompetenz weiterzuentwickeln und im Alltag bewusster und einfühlsamer mit dir umzugehen. Impathie ist eine tolle Fähigkeit, weil sie dir hilft, dich lebendiger und zufriedener zu fühlen.

Keine Angst, Impathie ist nicht einfach eine weitere Selbstoptimierungsfalle oder ein Plädoyer für Egoismus. Indem du dich nämlich selber besser verstehst und mitfühlender mit dir umgehst, kannst du auch in Beziehungen zu anderen Menschen empathischer sein und ein inspirierendes Umfeld schaffen. Entwickle diese Kompetenz – es wird sich lohnen!

In diesem Sinne wünsche ich dir viel Freude beim Ausprobieren der Übungen und beim Entwickeln deiner Impathie.

Eine kluge Entscheidung

Falls du mit der Impathie an deine Grenzen stösst, dann hole dir Unterstützung. Zögere nicht, Hilfe anzunehmen. Es ist keine Schwäche, sondern eine kluge Entscheidung, sich Unterstützung zu holen, um weiterzuwachsen. Buche dir gerne einen kostenlosen Termin (20 Min.) und wir klären gemeinsam, was dich dabei am besten unterstützen kann.

 

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